27.04.2024

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Diplom-Biologe referierte über Kulturfolger

(hr) (nabu) Ins voll besetzte Naturpark-Informationszentrum hatte der Naturschutzbund Eberbach zu einem Vortrag mit Lichtbildern von Klemens Bernecker, Diplom-Biologe und städtischer Umweltschutzbeauftragter, über Tiere im Siedlungsraum eingeladen.
Während die meisten Arten den Menschen meiden und ihm möglichst aus dem Weg gehen, suchen einige andere geradezu seine Nähe. Diese werden dann als "Kulturfolger" bezeichnet, und sie profitieren, indem sie sich Gebäude als (Ersatz)niststandorte erschließen, Siedlungsabfälle als Nahrungsquelle nutzen, infolge des höheren Temperaturniveaus der Städte sich vor energiezehrenden Winterfrösten schützen und einem weitaus geringen Feinddruck gegenüber Beutegreifern ausgesetzt sehen. Doch auch der Lebensraum Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten gravierend verändert. So belegten die seit 1979 regelmäßig durchgeführten Schwalbenzählungen des NABU für Eberbach einen steten Rückgang der Mehlschwalben um 18% und bei den Rauchschwalben sogar um 49% innerhalb der letzten 23 Jahre. Ursache sei Bernecker zufolge einerseits das Fehlen lehmhaltiger Pfützen, die das Nistbaumaterial lieferten, andererseits aber auch die mangelnde Bereitschaft zahlreicher Hausbesitzer, Mehlschwalben an ihrem Haus zu tolerieren. Um so mehr sei man all jenen tierliebenden Eigenheimern verbunden, die "ihren" Schwalben trotz der unumgänglichen, vogeltypischen Hinterlassenschaften die Treue hielten. Und auch seitens der Stadt werde man, so in Anbetracht der angespannten Haushaltslage irgendwie möglich, Hausbesitzer in begründeten Einzelfällen durch das Anbringen von Kotbrettern unterstützen.
Als sehr problematisch wertete der Biologe des weiteren die Bestandssituation des Mauerseglers, der im übrigen nicht mit den Schwalben verwandt sei. Im Zuge von Dach- und Gebäudesanierungen verschwänden zunehmend geeignete Nistnischen. Bernecker verwies hierzu auf von der Stadt unter bestimmten Bedingungen unentgeltlich zur Verfügung gestellte spezielle Mauerseglerniststeine, die bei Sanierungen und Neubauten unauffällig eingefügt werden könnten. Alles weitere sei einem Merkblatt des städtischen Umweltamtes zu entnehmen.
Zu den eindeutigen Profiteuren des Stadtlebens zählten die Wanderratten und die Stadttauben, die von den zahlreichen Abfällen der Wohlstandsgesellschaft bestens leben könnten. Bernecker appellierte in diesem Zusammenhang dringend, keinerlei Essensreste über Klospülung oder Ausguss zu entsorgen und das bestehende Taubenfütterungsverbot unbedingt zu beachten.
Bei einem weiteren Problemtier sei allerdings mehr Gelassenheit angebracht, doch die zum Teil hitzig geführte Diskussion über die Elster habe auch ihr Gutes. So seien in den letzten zehn Jahren zahlreiche Untersuchungen über deren mögliche Auswirkungen auf die Kleinvogelbestände durchgeführt worden mit dem Ergebnis, dass der Beutegreifereinfluss der Elstern landläufig vollkommen überschätzt wird. Der Wirbeltieranteil von Vögeln und Kleinsäugern in der Elsternnahrung liege deutlich unter 10%, und ein ursächlicher Zusammenhang mit einer vermeintlichen Abnahme der Singvogelbestände könne definitiv nicht belegt werden. Allerdings, so der Referent, hätten die Kleinvögel durchaus auf das Auftreten von Elster und in manchen Bereichen auch des Eichelhähers im Siedlungsraum reagiert. So habe es in Dörfern und Städten außer dem "Bodenfeind Katze" und dem ohnehin seltenen Sperber so gut wie keinen "Luft-Fressfeind" gegeben. Die Kleinvögel hätten sich jedoch auf die neue Situation eingestellt und seien heimlicher geworden mit der Folge, dass deren Wahrnehmungshäufigkeit abgenommen habe und sie somit – subjektiv betrachtet – seltener werden.
Eindeutig häufigster Vogel in der Stadt sei die Amsel. Vor 100 Jahren noch ein reines Waldtier, habe sie den Spatz als einstmals individuenreichsten Stadtbewohner unter den Gefiederten schon längst verdrängt. Dessen gebietsweise zum Teil drastische Bestandsabnahme sei so augenfällig, dass der Naturschutzbund Deutschland für 2002 den Haussperling zum Vogel des Jahres ausgewählt habe.
Neben weiteren Stadtbewohnern wie Fledermäuse, Siebenschläfer, Turmfalke oder Schleiereule berichtete Bernecker abschließend von einem für den Raum Eberbach-Hirschhorn ganz besonderen Kulturfolger, der Äskulapnatter. Diese vom Referenten als "sanfte Schönheit" bezeichnete absolut harmlose Schlange fühle sich in der Nähe des Menschen ausgesprochen wohl, sofern man sie nur in Ruhe lasse.

24.02.02

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