Realschüler forschen zu den Lebensläufen Eberbacher Kriegstoter
(Foto: privat)(bro) (vs) Bei den Kriegsgräbern des Eberbacher Friedhofs traf sich kürzlich der Bezirksgeschäftsführer des Volksbunds in Nordbaden, Volker Schütze, mit einer klassenübergreifenden Arbeitsgemeinschaft von Zehntklässlern der Eberbacher Realschule. Die verantwortlichen Lehrkräfte, Martin Kohler und Christina Frischholz, waren mit ihren Schülerinnen und Schülern auf den Friedhof gekommen, um die Wanderausstellung des Volksbunds in Nordbaden „Nie wieder Krieg“ der bayerischen Künstlerin Bali Tollak anzuschauen. Die Ausstellung wurde von Bürgermeister Peter Reichert und dem Kulturchef der Stadt, Tobias Soldner, am 20. Juli eröffnet.
Der Volksbundmitarbeiter traf auf eine nicht nur interessierte, sondern auch bestens vorinformierte Gruppe. Diese hatte bis auf wenige Schülerinnen bereits die Jugendbegegnungsstätte des Volksbunds „Centre Albert Schweitzer“ in Niederbronn-les-Bains besucht. Von daher war keine Erklärung nötig, warum die Kriegsgräber im In- und Ausland auch als Mahnmal für den Frieden seitens des Volksbundes angesehen und auch als Lernort für die Bildungs- und Versöhnungsarbeit eingesetzt werden.
Bewegend war für alle war der Besuch der Zwangsarbeitergräber. Wie Schütze von der Friedhofsmitarbeiterin erfuhr, hatte vor Kurzem eine seit vielen Jahren in Deutschland lebende Ukrainerin das Grab ihrer Tante gefunden. Ihre Familie hatte sie über viele Jahre vergebens gesucht. Dank der Digitalisierung wurden die Angehörigen der in Eberbach bestatteten Zwangsarbeiterinnen doch noch fündig. Ihre Nichte hatte ein Gesteck niedergelegt, welches sich noch auf dem Grab befindet.
Anschließend besuchte die Gruppe die Kriegsgräber des Ersten und Zweiten Weltkriegs, welche durch fünf Kreuze überragt werden. Diese Kreuzgruppe bildet das zentrale Element des Volksbundlogos. Warum an diesem Friedhof das Volksbundlogo errichtet wurde, konnte Schütze den Schülerinnen und Schülern nicht beantworten.
Die Schülerinnen und Schüler schauten sich interessiert die Kunstwerke an, die zwischen den Kriegsgräbern aufgestellt wurden. Tollak hat diese Bretter nach der Tradition der Totenbretter gestaltet und Kernaussagen deutscher, französischer und englischer Künstler zu ihren Erfahrungen im Ersten Weltkrieg herausgearbeitet. Intensiv setzten sich die Realschüler mit dem Text von Käthe Kollwitz auseinander. In diesem wird über den tiefen Schmerz einer Frau berichtet, deren Sohn im Krieg getötet wurde. Dieser Schmerz war für sie so überwältigend, dass sie sich selbst das Leben nahm.
Abschließend halfen die Schülerinnen und Schüler beim Abbau der Kunstwerke. Die Arbeitsgruppe befasst sich mit zwei im Zweiten Weltkrieg gefallenen Eberbacher Bürgern, die auf der Kriegsgräberstätte des Volksbunds in Niederbronn-les-Bains beigesetzt sind und über deren Lebenswege dort nichts bekannt ist. Die Jugendlichen konnten schon unter Anleitung der beiden Lehrkräfte und mithilfe des Stadtarchivars, Dr. Golgath, in Archiven Informationen über die Familien der beiden Toten recherchieren.
Dass dieses Projekt ganz im Sinne des Volksbunds ist, der mit seiner Arbeit unter anderem auch den Blick auf das Einzelschicksal der in den Kriegen der Vergangenheit und Gegenwart Getöteten lenkt, ist sicherlich kein Zufall. Martin Kohler arbeitete schon in seiner vorherigen Schule intensiv mit dem Volksbund zusammen und besuchte mit vielen Klassen die Jugendbegegnungsstätte „Centre Albert Schweitzer“ in Niederbronn. Für Martin Kohler ist die Arbeit mit den Jugendlichen vor Ort, außerhalb des Klassenzimmers, wichtig, da dort ein weit intensiveres Lernen und ganzheitliches Erleben als alleine aus Schulbüchern und mit Arbeitsblättern möglich wird. Schütze freute sich von daher, dass er die gute Zusammenarbeit mit Kohler in Eberbach fortführen kann und dass Kohlers Begeisterung für die Volksbundarbeit in seiner Schule positive Kreise zieht. Von daher dankte Schütze auch Christina Frischholz für ihr Engagement in der Biografiearbeit. Zudem wünschte er der gesamten Arbeitsgruppe, dass die Recherchen zu den beiden Personen erfolgreich verlaufen.
05.10.23
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